Geschichte von Kirche und Kirchturm Herzogenbuchsee
um 150 | An der Stelle der heutigen Kirche steht ein römischer Gutshof mit einem üppigen Bad, das unter anderem einen Tiger oder Panther, Bellerophon und den Halbgott Pan in Mosaiken abbildet. Die Villa wird wohl vor dem Jahr 300 zerstört. Einige Mosaikteile haben überlebt. |
866 | Die erste lateinische Nennung des Ortes Buchsi («ad Buxa», «Puhsa») lässt auf eine vorhandene Kirche schliessen. |
1083 | Die Martinskirche in Herzogenbuchsee kommt durch Heirat erst zu Herzog Berchtold II. von Zähringen, dann zum Kloster St. Peter (Schwarzwald). Sie dürfte die erste der in der Abfolge total drei Kirchen gewesen sein. Der Oberaargau heisst zu diesem Zeitpunkt «Klein-Burgund». |
um 1200 | Unterhalb der Kirche (heute Finstergasse 6/8) steht eine kleine Burg wahrscheinlich der ehemaligen Adalgozinger Grossgrundbesitzer, die Ende des 13. Jahrhunderts verschwunden sein dürfte. |
um 1330 | Die gotische Vorgängerkirche samt Turm, der in den Grundrissen und Mauerteilen bis heute besteht, wird errichtet. Der Hügel hat wie wohl schon ab 1200 eine Befestigung, zuerst aus Palisaden, später auch einem Wehrgraben. Im Kirchhof stehen mindestens zwei weitere Wehrgebäude eines hohen kyburgischen Beamten. |
1332 | Stadtberner Truppen erobern im Gümmenenkrieg gegen die Buchser Verteidiger den befestigten Kirchhof. Die Berner geben Buchsi aber kurz darauf den vorherigen Besitzern, den Kyburger Grafen, wieder zurück. |
1375 | Arbeitslose Söldner des hundertjährigen Krieges, unter anderem schottische Krieger, ziehen für einen Warlord kämpfend und plündernd durchs Schweizer Mittelland und nehmen auch Buchsi ein. Die Berner Truppen greifen sie bei der Wehrkirche Buchsi an und vertreiben sie. Das Wort «Gugler» wie der nur kurz dauernde Krieg heisst, kommt wohl von der Form der kapuzenförmigen Helme, den «gugele». |
1653 | Auch im letzten Gefecht des Schweizer Bauernkrieges steht die Buchser Kirche im Mittelpunkt. Hier verteidigen sich die letzten gut 1’000 kämpfenden Bauern erfolglos aber tapfer gegen ein 6’000 Mann starkes bernisch-neuenburgisches Heer. Die Kirche bleibt relativ unbeschädigt, viele Bauernhäuser drum herum brennen ab. Die überlebenden Bauern entkommen, einige Dutzend BewohnerInnen kommen um, Opfer sowohl der Bauern als auch der Angreifer. Das siegreiche Heer raubt den Kirchenschatz. |
1706 | Ein Blitz setzt den Kirchturm in Brand. Bis 1897 trägt der Turm nur eine kleine, magere Spitze. |
1728 | Die Kirche, nicht aber der Turm, der noch aus vorreformatorischer Zeit stammt, wird völlig neu in der heutigen Form gebaut. Das Werk von Hansjakob Dünz ist mit Platz für 1400 Personen einer der grössten Kirchensaalbauten im westlichen Mittelland. |
1770 | Buchsi bekommt seine erste Kirchenorgel, 1893 die zweite und 1949 die heutige dritte. |
1810 | Das Mosaik des ehemaligen römischen Gutshof-Bades wird erstmals sorgfältig ausgegraben. |
1854 | Hinter der Kirche wird der neue Friedhof eingeweiht. |
1897 | Der kleine Turm-Helm von 1706 wird ersetzt. Das Wahrzeichen ist neu 53 Meter hoch. |
1912 | Der damals renommierte Waadtländer Maler Eugène Burnand gestaltet die drei grossformatigen Chorfenster mit dem «Bergpredigt»-Motiv. |
1952 | Der Turm wird renoviert. |
1970 | Die Innenrenovation der Kirche mit erhöhtem Chor ergibt etwa das heutige Aussehen. |
2019 | Die Kirche wird erneut einer sanften Renovation unterzogen. Der spätgotische Turm fängt an Weihnachten Feuer, die Turmspitze bricht ab und fällt aufs Kirchendach. Für Ende 2020 wird mit der Einweihung des restaurierten Turms gerechnet. |
Quellen:
• Baeriswyl, Arman/Heege, Andreas: Die Burg bei der Kirche Herzogenbuchsee; in: Jahrbuch des Oberargaus, 2009
• Gerber, Samuel et. al.: Herzogenbuchsee; Bern, 1985
• Henzi Hans: Die Kirche der Bergpredigt; Herzogenbuchsee, 1978
• Schneeberger, Ursula, et. al.: Der ehemalige Amtsbezirk Wangen (Band V der Kunstdenkmäler des Kantons Bern Land); Bern,
2018 hks/wg